„Wir wollen weitermachen“
Schulprojekt „Umgang mit Gefühlen“ stellt erste Ergebnisse vor
Haßloch. Es ist in Ordnung Gefühle zu zeigen und darüber zu sprechen – für viele Kinder und Jugendliche eine überraschende Erkenntnis. Das das gut tun und das soziale Miteinander stärken kann, auch. Das ist nur eines der Ergebnisse des Schulprojekts „Umgang mit Gefühlen“, einem pfalzweiten Präventionsprojekt der Universität Koblenz-Landau und der Pfalzklinikum-Initiative „Die Pfalz macht sich/dich stark – Wege zur Resilienz“. Bei der Abschlussveranstaltung in der Ernst-Reuter-Schule in Haßloch zogen die Projektverantwortlichen, die Vertreter der teilnehmenden Schulen und die finanziellen Unterstützer, die Lions-Clubs der Vorderpfalz, eine Zwischenbilanz nach dem ersten Trainingsdurchgang im Schuljahr 2017/2018.
Gefühle bewusst wahrnehmen
„Viele Schülerinnen und Schüler greifen das Gelernte immer wieder auf, erinnern sich, wie man Ich-Botschaften formuliert und die eigene Wahrnehmung ausdrückt, ohne andere zu verletzen“, berichtet eine Lehrerin von der Ostschule in Neustadt. Denn in altersgerechten Trainings lernen die Kinder und Jugendlichen nicht nur, ihre eigenen Gefühle zu erkennen, einzuschätzen und zu regulieren. Sie lernen auch, mit den Gefühlen von anderen umzugehen, gewaltfrei zu kommunizieren und Konflikte zu klären. Mit der „Wutrakete“ zeigen sie beispielsweise an, was sie auf die Palme bringt, und welche Anzeichen sie auf dem Weg dahin bei sich selbst wahrnehmen. Anhand von Fallbeispielen und Rollenspielen lernen die Schüler, sich in andere hineinzuversetzen und Gefühle einzuschätzen: „Paul will seiner Mutter etwas Wichtiges erzählen, aber sein kleiner Bruder unterbricht ihn immer wieder – was glaubst du, wie fühlt sich Paul?“
Studierende schnuppern Praxisluft
Die Trainings werden von Studierenden des Lehrstuhls Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters jeweils in drei bis fünf Schulstunden durchgeführt. Unter der Leitung von Diplom-Psychologe Raphael Gutzweiler erarbeiten sie in Gruppen und aus verschiedenen Modulen ein Konzept, das auf die Bedürfnisse der jeweiligen Klasse eingeht. Das passiert in enger Abstimmung mit den Lehrkräften. Frau Erb ist im Rahmen eines Studienseminars Teil des Trainerteams und berichtet von den Erfahrungen in der Klasse: „Unsere Gruppe hat das Training in einer sechsten Klasse betreut“, erzählt sie. „Zuerst waren einige Schüler zu ‚cool‘, um über ihre Gefühle zu sprechen. Aber mit der Zeit haben sie aktiv an den Übungen teilgenommen. Dann war es plötzlich kein Thema mehr: Niemand hat sich geschämt, niemand wurde ausgelacht.“ Spannend sei auch die Erkenntnis, dass die Schüler von der Offenheit der Studierenden beeindruckt waren: „Viele waren überrascht, dass auch Erwachsene Gefühle haben und darüber sprechen.“
Auch die Studierenden profitieren von dem Training: Bei der ganzen Theorie im Studium empfinden es viele als bereichernd, praktisch mit Menschen zu arbeiten. Wichtig finden sie hierbei, auch nicht-klinische Ansätze kennenzulernen, und mit gesunden Kindern und Jugendlichen präventiv zu arbeiten.
Kulturwandel vollzieht sich langsam
Das Team um Raphael Gutzweiler hat die Trainings wissenschaftlich evaluiert: mit Fragebögen vor und nach dem Training. Eine signifikante Veränderung konnte Gutzweiler damit noch nicht nachweisen. „Deshalb ist es wichtig, dass wir das Training verstetigen und auf Gelerntes aufbauen“, sagt Gutzweiler.. Denn die Rückmeldung der Schulen ist allgemein gut: Allein das Thema Gefühle anzusprechen und in den Schullalltag einzubringen, stärkt das Bewusstsein dafür und kann mit der Zeit Teil der Schulkultur werden. Daher sind sie sich einig: „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen.“
Zum Hintergrund
Initiiert hat das Projekt der Lehrstuhl für Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters der Universität Koblenz-Landau, unterstützt wird es von der Resilienz-Initiative „Die Pfalz macht sich/dich stark“ des Pfalzklinikums. Mit 20.000 Euro fördern die Lions-Clubs Germersheim, Haßloch, Neustadt, Speyer und Speyer-Palatina das Training über zwei Jahre. Pfalzweit haben am ersten Durchgang insgesamt 12 Schulen mit 57 Klassen in Bad Bergzabern, Germersheim, Haßloch, Landau, Lingenfeld, Neustadt, Speyer, Steinfeld teilgenommen. Im Schuljahr 2018/2019 startet der zweite Durchgang.
Weitere Informationen:
der Deutschlandfunk berichtete ausführlich über das Projekt:
Deutschlandfunkkultur.de/Resilienzprojekt
Kontakt: Romina Männl, Projektassistentin „Die Pfalz macht sich/dich stark“, Tel. 06349 900-1643, E-Mail: romina.maennl@pfalzklinikum.de